Beweissicherung – Wer muss was vor Gericht beweisen? Wie Sie am besten Beweise sichern und was zu beachten ist.

 

Diese Seite ist für Mieter konzipiert. Vermieter lesen hier weiter.
Das Video mit den Hinweisen finden Sie am Ende dieses Beitrages (hier).

Beweissicherung

Für die spätere Geltendmachung Ihrer Ansprüche müssen Sie zunächst die Beweise zum
Schimmelpilzbefall in Ihrer Wohnung oder Gewerberäumen sichern.

1. Schimmel-Set (Bestandsaufnahme der Schäden in der Wohnung): Hier finden Sie zunächst
eine Anleitung zur Erstellung eines Schimmel-Sets.

2. Privates Sachverständigengutachten notwendig? Hier lege ich dar, in welchen Fällen die
Einholung eines privaten Sachverständigengutachten sinnvoll ist.

3. Einschaltung der Behörden? Ist die Einschaltung der zuständigen Behörden notwendig?
Ist sie sinnvoll?

4. Grundsätzliche Ausführungen zum Thema Beweissicherung.

Los geht’s:
1. Schimmel-Set: Hier finden Sie zunächst eine Anleitung zur Erstellung eines Schimmel-Sets:

Im Rahmen der Beweissicherung ist ein wichtiger Bestandteil die Erstellung Ihres persönlichen “Schimmel-Sets”. Dies ist eine Bestandsaufnahme der Schäden in der Wohnung, die Ihnen wegen des Schimmelpilzbefalls entstanden sind. Das Schimmel-Set ist die wichtigste Grundlage für Ihr gesamtes weiteres Vorgehen im Bereich Schimmelpilzbefall.

Bitte erstellen Sie das Schimmel-Set unbedingt als Datei. Sie können diese dann laufend verändern, verbessern und der weiteren Entwicklung anpassen (Ausnahme Skizzen, Fotos und Anlagen).

Gehen Sie bei der Erstellung des Schimmel-Sets sehr sorgfältig vor, denn Sie benötigen dieses in der späteren Auseinandersetzung mit Ihrem Vermieter außergerichtlich und/oder gerichtlich nebst weiterer Unterlagen. An dieser Stelle verweise ich auf unsere umfassende Checkliste für die notwendigen Unterlagen bei Schimmelpilzbefall, die Sie immer wieder zum Abgleich heranziehen müssen, um die Vollständigkeit Ihrer Unterlagen zu prüfen.

a. Beschreibung der vom Schimmelpilz befallen Flächen

Bitte beschreiben Sie genau, nach Zimmern getrennt, welche Flächen der Wohnung, in welchem Umfang von der Feuchtigkeit, bzw. dem Schimmelpilz befallen sind. Vermerken Sie bitte jeweils weiter, seit wann die jeweiligen Mängel vorliegen.

b. Skizze der Wohnung nebst Bezeichnung der Mängel

Fertigen Sie zusätzlich eine Skizze der gesamten Wohnung, in der Sie die Flächen farbig markiert einzeichnen und beschreiben Sie jeweils auch die Größe der Flächen.

c. Fotodokumentation nebst Bezeichnung der Mängel

Fertigen Sie darüber hinaus eine Fotodokumentation nach folgender Vorlage mit Farbfotos und in dreifacher Ausfertigung an (Muster Fotodokumentation). Wichtig ist, dass Sie auch immer vermerken, wer, die Fotos wann und von welchen Objekten gemacht hat. Der Fotograf sollte nie selber Mieter sein, da er dann später im Prozess nicht Zeuge ist. Der Fotograf kann aber ein Freund, Verwandter oder Partner sein.

d. Zeugenliste mit vollständigen Namen und Anschriften

Bezeichnen Sie die Zeugen mit Namen und vollständige Anschrift. Zeugen können grundsätzlich alle Personen sein, die nicht selbst im Mietvertrag als Mieter aufgeführt oder nachträglich in das Mietverhältnis eingetreten sind. Es ist völlig unerheblich, ob es sich um Verwandte oder anderweitig nahestehende Personen handelt. Auch der Ehegatte oder Lebenspartner kann Zeuge sein, wenn er nicht selbst Mieter ist.

e. Bezeichnung sonstiger Beweismittel

Vermerken Sie vorhandene weitere Beweismittel, wie zum Beispiel Sachverständigengutachten, behördliche Begehungsprotokolle, Bescheide oder ähnliches.

f. Aufstellung Aufwendungsersatz

Soweit Sie im Zusammenhang mit den Schimmel Eigenaufwendungen (z.B. weil Sie Handwerker beaufsichtigen müssen, mit der Hausverwaltung telefonieren, Baufreiheit schaffen oder Ähnliches), sollten Sie diese in der nachfolgenden Tabelle gesondert zu erfassen.

Datum Uhrzeit/Dauer Art der Aufwendung Ausführende Personen Zeitsaufwand
25.5.2011 11:30 Uhr bis 12:00 Uhr Beaufsichtigung der Handwerker Max Mustermann 0,5 Stunden

g. Aufstellung Schadensersatz

Sollten Ihnen Schäden am Eigentum entstanden sein, können Sie diese in folgender Aufstellung zu erfassen:

Art des Gegenstands Beschreibung Zeitpunkt der Anschaffung Preis bei Anschaffung Quittung /sonstige Belege/ Zeugen
Sofa Farbe Rot, Marke „Chef 1234“, Lederbezug Füße aus Stahl 1.2.2009 1.200 € Quittung Möbel Hübner vom 1.2.2009

Überprüfen Sie selbst, ob Sie alle erforderlichen Unterlagen, insbesondere Ihr persönliches Schimmel-Set vollständig zusammengestellt haben. Hier finden Sie unsere Checkliste Unterlagen Schimmelbefall.

2. Privates Sachverständigengutachten notwendig?

Die Einholung eines privaten Sachverständigengutachtens ist regelmäßig nicht erforderlich. Die Kosten können Sie in den allermeisten Fällen nicht ersetzt verlangen. Ausnahmefall: Wenn Sie die Wohnung wegen der Gesundheitsgefahren fristlos kündigen wollen, sollten Sie unbedingt vorab ein entsprechendes privates Sachverständigengutachten einholen, indem auch die Gesundheitsgefahr eindeutig attestiert wurde. Andernfalls (und sogar bei einem solchen Gutachten) ist eine fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefahr sehr riskant, da die Gerichte eine konkrete und vom Mieter zu beweisende Gesundheitsgefährdung verlangen. Auch bei Nachweis des Vorliegens von Schimmel ist diese nicht zwingend gegeben, da es viele Arten von Schimmelpilzen gibt, die nicht die Gesundheit gefährden.

3. Einschaltung der Behörden? Ist die Einschaltung der zuständigen Behörden notwendig? Ist sie sinnvoll?

Notwendig ist die Einschaltung nicht. Jedoch nicht dazu verpflichtet. Andererseits können Sie hier quasi kostenlos Beweise sichern lassen. Allerdings in meiner Erfahrung sehr unterschiedlich, was die Einsatzfreudigkeit der jeweiligen Behörde angeht. Dies ist sowohl von den einzelnen Behörden, als auch von den Örtlichkeiten abhängig.

Nachdem Sie nun Ihre zwingend notwendigen Unterlagen erstellt haben, finden Sie nachfolgend weitere Ausführungen zum Thema Beweissicherung. Wenn Sie eines unserer Beratungsangebote zum Thema Schimmelpilz wahrnehmen wollen, geht es hier weiter.

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4. Grundsätzliche Ausführungen zum Thema Beweissicherung:

Nachfolgend wird zunächst die Notwendigkeit einer Beweissicherung näher erläutert. Im Weiteren gehe ich dann auf die Zweckmäßigkeit der Beweissicherung ein. In der Praxis erlebe ich es häufig, dass zumeist teure Privatgutachten eingeholt werden. Später wundert man sich dann, wenn man vor Gericht die Kosten für dieses Privatgutachten nicht ersetzt bekommt. Sicherlich ist ein Privatgutachten eine sehr gute Möglichkeit der Beweissicherung. Andererseits muss je nach Art des Verfahrens und nach Stellung der Beteiligten jeweils entschieden werden, ob nicht auch ein weniger kostenintensives Beweismittel für die Beweissicherung ausreichend ist.

Entdeckt der Mieter in seiner Wohnung Schimmelpilzbefall, ist es nicht in allen Fällen sinnvoll, sofort ein Privatgutachten einzuholen. Dieses ist nicht ganz billig. Der Mieter muss die Kosten zunächst übernehmen und hat sehr schlechte Karten, diese später vom Vermieter ersetzt zu bekommen. Hier ist zunächst nach Möglichkeiten einer günstigeren Beweissicherung (Fototagebuch, Zeugen, Einschaltung der Ämter usw.) zu suchen. Es kann jedoch ebenso Fälle geben, in denen ein Sachverständigengutachten notwendig ist, beispielsweise wenn der Mieter beabsichtigt die Wohnung fristlos zu kündigen. Sich hier lediglich auf eigene Beweismittel zu verlassen, birgt ein hohes Risiko für einen späteren Prozess.

Aufklärung der Beweislage

Häufig ist es erforderlich zunächst immer die Beweislage aufzuklären. Liegt überhaupt Schimmelpilz vor? Ist der Schimmelpilz gesundheitsgefährdend? Diese Fragen sind entscheidend dafür, welche Rechte den Beteiligten jeweils zustehen. Bevor also über die Ausübung einzelner Rechte (zum Beispiel den Ausspruch einer fristlosen Kündigung) nachgedacht wird, ist Aufklärung geboten.

Beispielsfall: Mieter M stellt in seiner Wohnung Schimmelpilzbefall fest. Vermieter V weigert sich den Schimmelpilz zu beseitigen. M leidet unter diversen Gesundheitsbeschwerden, die er auf den Schimmelpilzbefall zurückführt. M möchte so schnell wie möglich aus dem Mietvertrag.

Gesetz: § 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen. (2) …

Hier sind also folgende Fragen vorab zu klären: Ist der vorhandene Schimmelpilzbefall objektiv gesundheitsgefährdend? Nur dann besteht das Kündigungsrecht. Ansonsten kommen Mietminderung wegen (optischer) Mängel, Schadensersatz, Aufwendungsersatz, Instandsetzungsansprüche usw. in Betracht.

Sicherung der Beweislage

Die Sicherung der Beweislage ist notwendig um einer späteren Veränderung durch Zeitablauf (z. Bsp. geänderte Witterungsbedingungen), Eingriffe in die Substanz (z.B. Instandsetzungsmaßnahmen nach Entstehung des Mangels) zu begegnen. Im Baubereich verändern sich die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Baustelle, aber auch die Witterungseinflüsse mit dem Baufortschritt ständig. Der spätere Nachweis von Baumängeln und deren Ursächlichkeit kann dadurch erschwert oder gar unmöglich gemacht werden.

Beispielsfall 1: Mieter M hat den Schimmelpilzbefall im September 2012 festgestellt und umgehend nach Aufforderung des Vermieters unter Fristsetzung im November Klage auf Instandsetzung/Feststellung der Mietminderung und des Zurückbehaltungsrechts eingereicht. Vermieter V bestreitet das Vorhandensein des Schimmels. Im Verhandlungstermin im Januar 2013 ordnet das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Im Juli 2013 erscheint der vom Gericht bestellte Sachverständige in der Wohnung und stellt keinen Schimmelpilzbefall fest.

Hier hat der Mieter während der beginnenden Hochsaison des Schimmelpilzes im Oktober den Schimmelpilz festgestellt. Häufig ist allerdings zu beobachten, dass der Schimmelpilz den Sommer zunächst nicht überlebt, um dann pünktlich zur Heizsaison zurückzukehren. Deswegen findet der Sachverständige im Juli keinen nennenswerten Pilzbefall vor. Der Mieter riskiert, seiner Klage verlustig zu gehen.

Beispielsfall 2: Nachdem Mieter M den Schimmelpilzbefall bei Vermieter V angezeigt hat, führt V Arbeiten am Dach des Hauses aus. Der Sachverständige stellt im Juli fest, dass in der Wohnung kein Schimmelpilzbefall vorhanden ist.

Hier hat der Mieter durch die Anzeige beim Vermieter bewirkt, dass der Vermieter tätig geworden ist. Der Vermieter hat möglicherweise die Ursachen für den Schimmelpilz beseitigt. Der Mieter kann nun nicht mehr beweisen, dass der Schimmelpilz ursprünglich vorhanden war.

Beispielsfall 3: Nachdem M den Schimmelpilzbefall bei V angezeigt hat, bleibt V zunächst untätig. M kündigt nach erfolgloser Fristsetzung fristlos wegen Gesundheitsgefährdung und verlässt die Wohnung. V beseitigt den Schimmelpilz und dessen Ursachen und klagt gegen M auf die restlichen Mieten. Vor Gericht räumte er ein, dass in der Wohnung Schimmelpilz vorhanden war und dass deswegen die Miete möglicherweise um 10 oder 20 % gemindert gewesen sei. V bestreitet aber, dass von dem Schimmelpilz eine Gesundheitsgefährdung ausgegangen sei. Der vom Gericht bestellte Sachverständige begutachtet die Wohnung einige Monate später und kann keinen Schimmelpilzbefall feststellen.

Hier wird der Mieter vor Gericht unterliegen, was im Zweifel sehr kostenaufwändig werden kann. Warum der Sachverständige den Pilz nicht gefunden hat, wird offen bleiben. Möglicherweise hat der Vermieter die Ursachen abgestellt.

Beispielsfall 4: Nachdem M den Schimmelpilzbefall bei V angezeigt hat, bleibt V zunächst untätig. M fürchtet um die Gesundheit seiner Kinder und beseitigt schon mal den „schlimmsten” Schimmelpilz.

Gerade im Bereich der Schimmelpilzsanierung tritt häufig die Notwendigkeit auf, wegen drohender Gesundheitsgefährdung, eine sofortige Sanierung in die Wege zu leiten. Unterbleibt in diesen Fällen eine ausreichende Beweissicherung, drohen im späteren Prozess Nachteile, weil das Vorhandensein des Schimmelpilzes, bzw. dessen Verursachung nicht mehr nachgewiesen werden können. In sämtlichen allen vorgenannten Beispielsfällen, wäre der Mieter gut beraten gewesen, zuvor eine Beweissicherung durchzuführen. Allein weil er dies unterließ, wird er vermutlich erhebliche Schwierigkeiten haben, seine Rechte geltend zu machen.

Die Beispielsfälle ließen sich mühelos auch mit Käufern von Wohnungen oder Häusern und Bauherren bilden. Hier sind die finanziellen Auswirkungen in der Regel noch wesentlich gravierender.

Fazit: Ohne vorherige Beweissicherung drohen gerade im Bereich schimmelpilzbedingter Mängel erhebliche Nachteile.

Beweissicherung unter Kostenaspekten

Vorliegend lesen Sie Teil 3 einer Artikelserie zum Thema Beweissicherung vor der Schimmelpilzsanierung. Die vorherigen Teile wurden bereits veröffentlicht. Die Fortsetzungen erscheinen in loser Folge in den nächsten Wochen.

Häufig geht der eigentliche Streit zwischen den Parteien, um die Frage, ob ein Mangel überhaupt vorhanden ist. Hier kann eine schnelle Klärung der Beweislage den beteiligten Parteien Klarheit über ihre Rechte und Pflichten und die Erfolgsaussichten einer Rechtsverteidigung verschaffen. Infolgedessen kann wegen der damit verbundenen Klärung Streit vermieden werden. Das spart natürlich erhebliche Kosten.

Bei behaupteten Baumängeln kann eine zeitnahe Begutachtung Streit vermeiden und damit zusätzliche Kosten verhindern.

Zumindest im Mietrecht führt diese Methode in der Regel nicht zur Vermeidung weiteren Streits. Neben Baumängeln ist häufig auch das Nutzerverhalten (mit-)ursächlich für die Entstehung des Schimmelpilzes. Des Weiteren ist die Höhe der Mietminderung und etwaiger Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche unklar. Die Höhe der Mietminderung wird vom Gericht gemäß § 287 ZPO im Wege der Schätzung vorgenommen. Der Sachverständige wird hierzu regelmäßig keine Aussagen treffen. Es geht letztlich nicht um die Frage der Möglichkeiten der Feststellung durch den Sachverständigen, sondern um die Akzeptanz dieser Entscheidung. Die gerichtliche Entscheidung mag im Bereich der Mietminderung regelmäßig willkürlich anmuten. Sie wird aber letztlich durch die Rechtskraft des Urteils bindend.

Ist die Beweissicherung wirklich erforderlich?

Bevor über eine (kostenintensive) Beweissicherung nachgedacht wird, sollte auch immer geprüft werden, ob eine Beweissicherung überhaupt erforderlich ist. Im Sommer trocknen befallene Flächen ab, der Schimmelpilz verschwindet möglicherweise. Die ursächlichen Baumängel verschwinden nicht, mit der Folge, dass der Schimmelpilz pünktlich zum Herbst wieder auftritt.

Welche Art der Beweissicherung ist unter Kostenaspekten sinnvoll?

Gerade unter Kostenaspekten muss auch jeweils über die Art der Beweissicherung näher nachgedacht werden. Mieter, die Schimmelpilzbefall feststellen, müssen sich überlegen, ob sie ein teures Sachverständigengutachten auf eigene Kosten einholen. Kommt es später zu einem Prozess, so wird der Gutachter vom Gericht neu bestimmt. Dieser Gutachter wird zwar das vorher eingeholte Privatgutachten berücksichtigen müssen und häufig auch um dessen Ergebnisse nicht völlig umhinkommen. Die Kosten für das Gutachten wird der Mieter in der Regel allerdings nicht ersetzt verlangen können.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob zur Beweissicherung nicht zunächst auf weniger kostenintensive Methoden (Einschaltung der Behörden, Fototagebuch, Zeugen) zurückgegriffen werden sollte.

Jedenfalls, wenn der Mieter beabsichtigt zunächst in der Wohnung wohnen zu bleiben, kann einer Veränderung der Beweislage durch den Vermieter vorgebeugt werden. Infolgedessen erscheint es in diesen Fällen regelmäßig als vertretbar, zunächst die Bestellung eines Sachverständigen durch das Gericht abzuwarten. In anderen Fällen, insbesondere, wenn der Mieter beabsichtigt eine fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung auszusprechen, ist die vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens meistens unumgänglich. Hier muss der Mieter das Kostenrisiko in Kauf nehmen. Wesentlich größer ist das Risiko, später vom Vermieter auf die restlichen Mieten, Schadensersatz usw. verklagt zu werden und dann noch die zusätzlichen Prozesskosten zu tragen.

Vortrag zur Mitteilung an den Vermieter

Gerade im Bereich Schimmelpilz wird seitens der Vermieter häufig eingewandt, der Mieter habe über den Mangel nicht rechtzeitig informiert. Zudem kommt unter diesem Gesichtspunkt auch ein Mitverschulden des Mieters in Betracht. Es ist daher besonders wichtig, auch zur Schadensmeldung an den Vermieter vorzutragen.

Beispiel falsch: Der Kläger hat bei der Hausverwaltung des Beklagten immer wieder angerufen und auf die unhaltbaren Zustände in den Mieträumen hingewiesen.

Beispiel richtig: Der Kläger hat den Schimmelpilzbefall erstmals am 12.10.2013 entdeckt und am selben Tag bei der zuständigen Mitarbeiterin der Hausverwaltung, Frau Constanze Walter, angerufen und diese über den Mangel informiert. Am Folgetag hat der Kläger ein Schreiben verfasst und den Mangel umfassend beschrieben.

Beweis: Vorlage der Kopie des Schreibens vom 13.10.2013 mit Zustellungsvermerk

Das Schreiben wurde in Gegenwart des Bruders des Klägers in den Briefkasten der Hausverwaltung am selben Tag eingeworfen. Der Bruder des Klägers hat auf einer Abschrift einen entsprechenden Vermerk gefertigt.

Beweis: Zeugnis des Bruders des Klägers, Herrn Alfred Weissbescheid, ladungsfähige Anschrift

Der für das streitgegenständliche Objekt zuständige Hausmeister Herr Norman Kontrollewski hat am 28.10.2013 die Wohnung des Klägers ausgiebig besichtigt. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war dem Beklagten daher Art und Umfang des Mangels bekannt.

Beweis: Zeugnis des Herrn Norman Kontrollewski, zu laden über die zuständige Hausverwaltung des Beklagten

Sonderproblem: Vortragsbeschaffung

In der Regel wird eine Beschreibung der Mängel möglich und ausreichend sein. Soweit die Mängel nur vorübergehend auftreten, ist eine Beweissicherung notwendig.

Ausnahmsweise: Privates Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Umfangs des Mangels, zum Beispiel zur Frage der Gesundheitsgefährdung des Schimmelpilzes.

Die Kosten für ein prozessbegleitendes Privatgutachten sind in der Regel nicht erstattungsfähig. Eine Ausnahme gilt aber, wie sich aus § 411 Abs. 4 ZPO ergibt, wenn die Partei das zusätzliche Gutachten benötigt, um substantiierte Einwendungen gegen das gerichtliche Gutachten zu erheben (LG Berlin, Beschluss vom 15. Dezember 2010 – 82 T 903/10 –, juris).

Möglichkeiten im Falle unrichtiger Entscheidungen des Gerichts

(Spätestens) im Rahmen der Berufungsbegründung sollte nochmals umfassend auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast eingegangen werden. Hier sind insbesondere zwei aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu erwähnen, im Rahmen derer der Bundesgerichtshof der „Substantiierungsklatsche“ seinerseits eine Klatsche verpasst hat.

BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 – VIII ZR 155/11: Protokoll auch bei wiederkehrenden Beeinträchtigung nicht zwingend erforderlich.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Partei in der nach Art. 103 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben. Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten; der Vorlage eines “Protokolls” bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 – VIII ZR 155/11 –, juris).

BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – VIII ZR 125/11 – : Vortrag zu Ursache der Mängel und detaillierte Beschreibung der Mängel nicht erforderlich.

Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen (“Mangelsymptome”) hinaus die – ihm häufig nicht bekannte – Ursache dieser Symptome bezeichnet.
Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Anforderungen an einen substantiierten und schlüssigen Sachvortrag in mehrfacher Weise überspannt. Es hat abweichend von den beschriebenen Grundsätzen (weiteren) Vortrag des Beklagten zum Umfang und zur Intensität der Gebrauchsbeeinträchtigungen verlangt. Außerdem hat es unter Missachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine konkrete Darlegung der Mängelursachen (Art der Fehlfunktion bei der Heizung; Zusammenhang zwischen Badezimmerabfluss und gerügten Fäkalgerüchen) oder jedenfalls eine detaillierte Beschreibung der Mängel (Umfang der Durchrostung und Undichtigkeit des Zuleitungsrohrs zum WC; Umstände des Vertragsschlusses über ein Recht zur Gartenmitbenutzung) für erforderlich gehalten (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – VIII ZR 125/11 –, juris).

Möglichkeiten in der Berufungsinstanz bei unzureichendem Vortrag in der ersten Instanz

Immer spätestens im Rahmen der Berufungsbegründung sollte versucht werden, den in der ersten Instanz unterlassenen Tatsachenvortrag nachzuliefern.

Problem: § 531 Zivilprozessordnung lässt den neuen Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz nur sehr eingeschränkt unter bestimmten Voraussetzungen zu. In der Berufungsbegründung muss darauf ausdrücklich Bezug genommen werden und dargelegt werden, warum dieser Vortrag in der Berufungsinstanz noch zulässig ist.

§ 531 Zivilprozessordnung

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
1. einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2. infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3. im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.

Nr. 1: regelmäßig irrelevant, da in einem solchen Fall auch 2. gegeben ist.

Nr. 2: Verfahrensmängel sind auch unterlassene Hinweise des erstinstanzlichen Gerichts. Diese Regelung ist daher der beste Ansatz.

Rechtliche Hinweise müssen unter Berücksichtigung der konkreten Situation der Parteien in der Weise erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis ausüben und sie nicht daran gehindert sind, ihren Sachvortrag rechtzeitig zu ergänzen (BVerfG, 29. Mai 1991, 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188).

Reicht eine Partei aufgrund eines nicht rechtzeitig erteilten Hinweises des Berufungsgerichts einen nicht nachgelassenen Schriftsatz ein, so muss das Berufungsgericht den darin enthaltenen neuen Sachvortrag berücksichtigen und die mündliche Verhandlung wieder eröffnen, wenn sich der Parteivortrag als entscheidungserheblich darstellt. Anderenfalls liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor. Dies gilt auch dann, wenn die Partei auf den erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis nicht in der angemessenen Weise reagiert, dass sie nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist beantragt, weil ihr eine sofortige Erklärung zu dem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist. Die durch § 139 Abs. 5 ZPO eröffnete Befugnis der von einem verspäteten Hinweis des Gerichts überraschten Partei, sich weiteren Vortrag vorzubehalten, führt nicht dazu, dass eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG zu verneinen wäre (BGH, Beschluss vom 04. Juli 2013 – V ZR 151/12 –, juris).

Ist im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen oder eine Partei als beweisfällig angesehen worden, ohne dass ihr durch einen nach der Prozesslage gebotenen Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, so stellt sich die Zurückweisung des neuen, nunmehr substantiierten Vortrags oder neuer Beweismittel im Berufungsrechtszug als eine offenkundig unrichtige Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Ein solches Vorgehen des Gerichts kommt einer Verhinderung des Vortrags zu entscheidungserheblichen Punkten gleich und stellt daher einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs i.S.d. Art. 103 Abs. 1 GG dar (BGH, Beschluss vom 07. März 2013 – I ZR 43/12 –, juris) dar.

Nr. 3: Tatsachen, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt geworden sind, können immer in der Berufungsinstanz eingeführt werden, da die unterbliebene Einführung in der ersten Instanz nicht auf der Nachlässigkeit der Partei beruht. Allerdings muss dann auch zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der neuen Tatsachen vorgetragen werden.


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Wer muss was beweisen? Das Beweissicherungsverfahren im Video erklärt.